12. Mai 2016
.
1
Min. Lesezeit
Island – 12. Mai 2016 – der frühling. oder der beginn einer neuen ära.
Die Insel ist grüner geworden. Das neue Grün leuchtet mit einer sanften Vorsicht. Die Insel hat sich verwandelt. Menschen verwandeln sich nicht. Gestern bin ich auf geblieben und habe geschrieben. 10.000 Zeichen, und ich habe noch nicht einmal ein Viertel. Ich habe keinen Trick, wie ich diese Geschichte aufschreiben soll, ohne einen der Ansprüche fallen zu lassen: Naivität darf nicht einem arroganten Erzähler weichen. Akruyeri, diese Isländer, die sich um die Syrer kümmern, auf diese unbekümmerte Weise. Die Insel ist grüner geworden, aber der Wind beißt noch, als würde er versuchen, den Frühling zu übertönen, was ihm letztendlich auch gelingt: Kalt ist kalt. Genauso machen es Kinder, wenn sie sich Aufmerksamkeit erschleichen. Gestern habe ich zwei Mal den Artikel gelesen, den mir ein Freund schickte, in dem erklärt wird, wie sich russische Liebe von der westlichen unterscheidet. Es gibt nur zwei Arten, mit dieser These, die mehr eine Tatsachenfeststellung ist, umzugehen. Ich glaube, ich habe mich an Island gewöhnt. Ich drehe den Schlüssel automatisch nach links, und bezeichne das nicht mehr als “die falsche Richtung”. Das Wasser stinkt, und da ist ein Punkt dahinter. In der Mondlandschaft finden sich Schneehaufen, Mooshügel, und über all dem kreisen Möwen. Aus der Erde dampft es, und die Wasserfälle haben eine beachtliche Größe. Getränke kann ich mir nur im Ausnahmefall leisten, die Sprache klingt hart, aber nicht abweisend. Ich bin mir noch nicht sicher, ob die Gewöhnung von einem Gefühl der Langeweile oder dem von Zuhause begleitet wird, und ob Letzteres nicht automatisch Ersteres mitbringt. Bei Menschen stellt sich augenscheinlich dieselbe Frage.